Dienstag, 15. Juli 2008

Ohne meine Avocado sag ich nichts!

Letzten Samstag war ich nach langer Zeit mal wieder was trinken. Mit einem Freund gings zuerst ins Blest, wo wir zu einigen picadas ein paar leckere hausgebraute Biere probierten. Danach im La Cruz tat der Whisky sein übriges dazu, dass ich bereits um halb Eins nachts in stark angebrütetem Zustand schon wieder zuhause war. Heute fragte mich Birgit, ob ich eigentlich an jenem Abend noch den Kühlschrank leer gemacht hätte. Ich sagte nur "Sin avocado no digo nada!" - was soviel heißt wie "Ohne meine Avocado sage ich nichts!" Leider hatte ich an jenem Abend wohl die Synapse für abogado (span. für Anwalt) weggesoffen ...

Donnerstag, 10. Juli 2008

Paso Flores, letzter Teil

Und wie ist es nun den neuen Siedlern aus Deutschland in Paso Flores ergangen? Die erste Zeit war nicht ganz einfach. Vieles musste von Grund auf erlernt werden (Gemüseanbau, Schaf- und Rinderzucht, Pferdehaltung etc.). Hinzu kam, dass man von der Landwirtschaft allein nicht leben konnte. So war man - je nach Jahreszeit, denn im Winter gab es auf der Estancia weniger zu tun - gewissermaßen gezwungen, auch außerhalb von Paso Flores Arbeiten zu übernehmen. Alles, womit sich Geld verdienen ließ, wurde angenommen, so zum Beispiel Aufforstungs- und Straßenbauarbeiten in Patagonien. Auf dem Weg nach Bariloche findet man an vielen Stellen Wälder, die allesamt von Paso Flores aufgeforstet worden sind.

So vergingen einige Jahre. Im Laufe dieser Zeit grenzten sich jedoch zwei Gruppen mit unterschiedlichen Auffassungen innerhalb der Gemeinschaft voneinander ab, was schließlich Anfang der 70er Jahre zu einer Teilung der Gruppe führte. Ein Teil der Gruppe verließ Paso Flores, um an einem anderen Ort 300 Kilometer weiter südlich ihre Vorstellung vom Leben zu verwirklichen. Der Teil, der in Paso Flores geblieben waren, stand nun vor neuen Herausforderungen. Bei gleichbleibender Arbeit fehlte es an Arbeitskräften. Veränderungen und ein Umdenken waren zwingend notwendig: So begann man nun, auch externe Arbeitskräfte zu beschäftigen. Hatte man anfangs zum Erhalt eines ungestörten Verhältnisses zur Natur bewusst auf Maschinen verzichtet - was eine feste Überzeugung des anderen Teils der Gruppe war - wurden schließlich doch moderne Maschinen wie Traktoren oder Pflüge angeschafft, die das Leben und die Arbeit erheblich erleichtern sollten. So ließ es sich schließlich leben, jeder trug seinen Part dazu bei, dass der gemeinsame Traum gelebt werden konnte. Man unterhielt Kontakte zu den hiesigen Geschäften, um die Ernteerträge (zum Beispiel Sauerkraut) zu verkaufen, die Kinder gingen in eine 20 Kilometer weit entfernte Internatsschule und für medizinische Hilfe reiste man im Notfall in das 200 Kilometer entfernte Bariloche, oft reichte jedoch eine Behandlung der zwei Krankenschwestern innerhalb der Gemeinschaft aus.
So vergingen beinahe 20 Jahre, bis eines Tages neue Schwierigkeiten auf Paso Flores zukamen.
Im März 1984 begannen die Bauarbeiten zum Stausee Embalse Piedra del Aguila. In Zukunft sollte der Rio Limay auf einer ca. 300 km² großen Fläche zum Zwecke der Hochwasserregulierung sowie der Stromerzeugung gestaut werden. Leider befand sich Paso Flores genau an seinem Ufer. 1985 wurde dementsprechend das Land enteignet. Bis es jedoch zur Überflutung kam, hatte man noch einge Jahre Zeit. Dennoch machte man sich schon jetzt große Gedanken: "Noch einmal von vorne, ganz bei null anfangen?". So warfen die Gedanken und Sorgen einen großen Schatten auf Paso Flores, Resignation machte sich breit, man begann sogar das geistige Fundament anzuzweifeln, das über die Jahre so stabil und für alle ein fester Anker war. Das Zusammenleben gestaltete sich zunehmend schwierig, Konflikte standen ungelöst im Raum und verbitterten die Gemeinschaft. Kurz vor dem endgültigen Ruin erhielt man Besuch aus Europa, der das nötige Werkzeug mit im Gepäck hatte: Vergebung und Glauben waren die Stichpunkte, mit denen die Gruppe aus der Krise kam, gestärkt und optimistisch genug, um auch die bevorstehende Hürde meistern zu können. (Bei dem Besuch handelte es sich um die Christliche Gemeinde aus Deutschland, mit denen Paso Flores heute noch intensive Kontakte und Austauschprogramme pflegt).
Nach einer intensiven Suche fand man schließlich ein neues Land, ca. 15 Kilometer Luftlinie vom alten Paso Flores entfernt. In schier endlos erscheinender Kleinstarbeit baute man die Gebäude vom alten Paso Flores ab, um das Baumaterial für das neue Gelände nutzen zu können. So entstanden daraus die "neuen" Werkstätten, Ställe und Weiden, während die Wohnhäuser neu errichtet wurden.
Während der Bauarbeiten am Stausee kam es immer öfter vor, dass die Arbeiter Paso Flores als Übernachtungsmöglichkeit nutzten. Sie fühlten sich auf der Estancia teilweise so wohl, dass sie anfingen ihre Frauen und Kinder mitzubringen, um gewissermaßen Urlaub auf dem Lande zu machen. Reiten war möglich, andere Tiere konnten aus der Nähe betrachtet und gestreichelt werden und die Gegend lud zu endlosen Spaziergängen und Wanderungen ein. Aus diesem Zufall entwickelte sich langsam aber sicher die Idee, Gäste auf Paso Flores zu beherbergen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich für eine Weile in die Natur und Einsamkeit zurückzuziehen.
Mittlerweile ist Paso Flores sehr bekannt und beliebt, es ist zu einem beliebten Ausflugziel für immer wiederkehrende Patagonier oder Touristen aus vielen Ländern geworden.
Weitab von Krach, Kommerz und Konsum genießt man hier das Nichtstun.
Einige Dinge haben sich aber doch verändern müssen. So entbinden schwangere Frauen heute nicht mehr in Paso Flores, sondern reisen einige Zeit vorher nach Bariloche. Die Kinder besuchen weiterhin die nah gelegene Internatsgrundschule, für die Sekundarstufe ist man jedoch gezwungen die Kinder nach Bariloche zu schicken. Ob mit oder ohne Eltern, das entscheidet jede Familie individuell. Dies wird für Klaus, der übrigens mit einer Argentinierin verheiratet ist, in Kürze ein Thema sein, denn seine jüngste Tochter wird in einem Jahr die Grundschule verlassen. Der älteste Sohn ist bereits verheiratet mit einer deutschen Frau, die er durch ein Austauschprogramm kennen gelernt hatte. Beide wohnen und arbeiten hier, allerdings nicht gezwungenermaßen, jedes Kind kann frei entscheiden, welchen Beruf es erlernen und wo es leben will. Klaus' älteste Tocher wohnt zum Beispiel zurzeit in Cordoba, etwa 1.700 Kilometer von ihrer Heimat entfernt.
Auch jedem selbst überlassen ist der Umgang mit Gott und der Bibel. Außer der gemeinsamen Bibelstunde am Samstagmorgen gibt es keine Verpflichtungen, es obliegt jedem selbst ob und wie er zu Gott spricht oder wie lange und intensiv er in der Bibel verweilt. Auf die Frage, wie weit entfernt man in diesen Tagen von der ursprünglichen Idee und dem Anfangstraum sei, anwortete Klaus: "Noch nie waren wir so nah dran wie jetzt." Uns hat es gut gefallen in Paso Flores. Beeindruckt von diesem Ort und seiner Friedlichkeit blättern wir jetzt schon in unserem Terminkalender, wann wir wieder einmal dorthin fahren können.

So endete unsere kleine Geschichte über die Menschen, die für uns hier im wilden, einsamen Patagonien das Sauerkraut herstellen und uns für eine Weile ein Heimatgefühl bescheren ... Weiter Infos auf Spanisch von den uns begleitenden Journalisten Hans und Susanna findet ihr hier und hier im Río Negro.

PS: Hier in Bariloche gibt es einige Gerüchte rund um Paso Flores. Es gibt Menschen, die behaupten Paso Flores sei ein Nazi-Auffangbecken gewesen. Hitler selbst habe hier Unterschlupf gefunden, da er ja nie Selbstmord begangen hatte. In einem weiteren Artikel in der Tageszeitung Río Negro versucht Hans endlich mit diesen blödsinnigen Gerüchten aufzuräumen.

Sonntag, 6. Juli 2008

Sprachblüten III

Schülerzitate:

"Ich bin dafür, dass man Tiere in der Wildnis jagt, weil man muss unbedingt Fleisch essen." Argentinien eben.

Aus Schüleraufsätzen (5° Año = 12. Klasse):

"In den Entwicklungsländern gibt es weniger Technologie als in den Industrieländern, aber die Leute können diese Technologie nicht kaufen, deshalb um welche die besser Medien ist zu fragen, muss man die Kontext sehen und auswerten." Wenn das kein Lösungsvorschlag ist!

"Ich bin mit unserer Schuluniform einverstanden. Ich finde sie gut, obwohl man auch Dinge kann verändern, um sie besser zu machen. Die Lösung ist Taschentücher! Jeder Schüler sollte Taschentücher haben." Aha.

"Heutzutage gibt es in Deutschland ungefähr 7,2 Millionen Ausländer. Aber, was passiert mit diesen Ausländern?" ... Herr Doktor Schäuble, ich leite diese Frage mal an Sie weiter.

Aus Schüleraufsätzen zum Thema Piercings, Tattoos und Körperschmuck (2° Año = 9. Klasse):

"Ich trage Ohrringe und ringe gern." Die Ohrringe aber bitte nicht beim Ringen tragen!

"An fünfter und letzter Stelle sind keine Piercings, und das hat niemand. Alle Jugendlichen haben mehr als eins oder eins. Aber das ist nicht alles, mehr als 6 Tattoos haben 35 Prozent der Jugendlichen. Unglaublich." Wahr gesprochen.

"Die Eltern finden Tattoos heslig." Und ich äkälich.