Dienstag, 18. Dezember 2007

Zwischenbericht nach einem Jahr

Hier läuft so manches Guanako wirklich anders als in Deutschland und so musste ich mich natürlich an viele Sachen gewöhnen, aber auch mit vielen Sachen abfinden, an die ich mich eigentlich nicht gewöhnen möchte. Das Verhalten der Schüler im Unterricht etwa, die Lern- und Arbeitseinstellung, was die argentinischen Schüler eben so ausmacht. Solche Disziplinprobleme wie hier kenne ich aus deutschen Gymnasien nicht, da muss ich mir echt noch was einfallen lassen oder noch ein dickeres Fell zulegen. Allerdings handelt es sich ja auch nicht um ein Gymnasium, da es in Argentinien keine verschiedenen Schultypen gibt, sondern nur schlechte staatliche und etwas bessere private Schulen. Eine von den etwas besseren Privatschulen ist die Deutsche Schule in Bariloche - die vor Ort zu den Top Drei gezählt wird -, was aber lange nicht bedeutet, dass hier gute Schüler zu finden sind. Die Schülerschaft kommt für hiesige Verhältnisse aus der Mittel- und Oberschicht, nicht wenige Familien müssen für die Schulgebühren hart arbeiten, viele haben aber für argentinische Verhältnisse einfach nur unverschämt viel Geld. Ihre Kinder sind kurioserweise (oder deswegen?) oft verwöhnt und wenig leistungsorientiert, pflichtvergessen und gedankenlos, frech und distanzlos. Die Arbeits- und Lernatmosphäre wird deshalb trotz relativ geringer Schülerzahlen (max. 20 in den Deutschgruppen) durch Disziplinlosigkeit, Konzentrationsmangel und Nachlässigkeit erheblich gestört. (Nobody said it would be easy...)

Na ja, die Wertigkeit des Faches Deutsch sinkt sowieso. Viele Eltern melden ihre Kinder nicht wegen des Faches Deutsch, sondern wegen des gegenüber den staatlichen Schulen höheren Niveaus in den übrigen Fächern auf der „Deutschen Schule Bariloche“ an. (In Konkurrenz stehen eine argentinische und die italienische und englische Privatschule.) Die Schüler nehmen das Fach Deutsch oft als nötiges Übel in Kauf, die Motivation und Affinität dem Fach gegenüber ist dementsprechend gering. Der Anteil deutschsprachiger Schüler (bzw. mit deutschsprachigem Hintergrund) sinkt seit Jahren und liegt bei etwa 5 %, also ein bis zwei Schüler pro Klasse; selbst in deutschstämmigen Familien wird leider kaum noch Deutsch gesprochen.

Dazu kommt, dass Bariloche aufgrund seiner Vergangenheit ein ganz eigenwilliges Pflaster ist, hier wird gerne totgeschwiegen, dass Priebke Vorstandsvorsitzender des Schulvereins war... und leider sitzen im Vorstand noch so ein paar alte verbohrte Köpfe, die wirkliche Innovationen verhindern oder keine Notwendigkeit für Image-Kampagnen sehen. Aber mal sehen, was sich da noch machen lässt, mit der bornierten, inkompetenten Schulleiterin hab ich mich ja auch schon angelegt ;-)

Für mich als Anfänger war es also ein ziemlich schwieriges Jahr: einen Deutsch-Lehrplan gibt es nicht, weder vom Staat (claro que no!) noch schulintern (ein wirklicher Kritikpunkt), und so musste ich mir vieles zusammenreimen. Und dann hatte ich gleich mal 3 Prüfungsklassen (ZDP-G, DSD I und II), die Ergenisse sind durchwachsen: 85 % meiner ZDP-Schüler haben bestanden (6. Klasse), aber 37 % der DSD II-Gruppe (12. Klasse), was den anderen Lehrern zufolge aber nicht an mir gelegen habe. Ach und überhaupt das ganze System hier: hab zwar DaF "studiert" und war ja sogar für ein DaF-Praktikum in der Ukraine, aber auf diese Schüler hat mich das alles nicht vorbereitet ...

So, genug gemeckert, Basti, ich hoffe, das waren jetzt "wahre Gedanken" genug ;-) Ich wünsche allen da draußen ein gutes neues Jahr! Ach ja, und frohe Weihnachten, das kriegt man hier bei rund 20 Grad, fehlendem Advent und fehlender bunter Straßenbeleuchtung nicht so richtig mit.

Mittwoch, 12. Dezember 2007

Schuljahresende

In Argentinien endet ein jedes Schuljahr passend zum Ende des Kalenderjahres. Letzte Woche verabschiedeten sich schon die Schüler der Secundaria (8.-12. Klasse) in die fast dreimonatigen Ferien. Diese Woche sind dann auch die Schüler der Primaria (1. bis 7. Klasse) für dieses Schuljahr entlassen worden. Die Lehrer jedoch und auch einige Schüler haben das Pech, auch noch diese Woche zur Schule zu müssen. Für sie heißt es noch einmal (oder endlich einmal) zeigen, was in den vergangenen Monaten gelernt wurde, damit auch sie das Fach mit einer ausreichenden Note abschließen können. Diejenigen, die auch bei diesen Nachprüfungen (mesa de examen) durchfallen, haben Mitte Februar kurz vor Schulbeginn noch einmal die Chance, ihr Wissen und Können unter Beweis zu stellen.

So endet nun das Schuljahr, dass dieses Jahr, bedingt durch das 100jährige Bestehen der Deutschen Schule, ein ganz besonderes war. Wer Interesse hat, kann diesbezüglich auf der Schulhomepage im
Zeitungsartikel des Argentinischen Tagesblatts weiterlesen.

Montag, 10. Dezember 2007

Institut für überflüssige Textbeiträge über das Leben in Bariloche veröffentlicht Umfrage-Ergebnisse

Heute veröffentlichte das "Institut für überflüssige Textbeiträge über das Leben in Bariloche" die Ergebnisse der Leser-Befragung. Hier folgen die wichtigsten Erkenntnisse in der Zusammenfassung: Die meisten der 16* Leser, die an der Umfrage teilgenommen haben, lesen "mehrmals pro Woche" (50 %) den "aktuellen und ältere Einträge" im Blog (37 %), dicht gefolgt von den Lesern, die nur "einmal pro Woche" reinschauen (31 %). Jeweils 31 % von diesen lesen "nur den aktuellen" Eintrag oder "die Einträge auf der Startseite". Die - uns bekannten - Leser (18 %), die seltener als "einmal pro Monat" hier was lesen, haben wir bereits benachrichtigt, dass der Blog dafür nicht gedacht ist!! Die überwiegende Mehrheit der Leser (68 %) schaut sich außerdem nur "ab und zu einen Link" an, weitere 25 % gehen sogar nur "selten auf die verlinkten Seiten", die Mühe brauchen wir uns also fortan nicht mehr zu machen, die tollen Beiträge mit tollen Links zu spicken ;-)

* Da wir wissen, dass wir durchschnittlich 7,89 Besucher am Tag auf der Seite haben (seit Start der Datenanalyse am 23. Juni 07 waren es insgesamt 1.350 Seitenaufrufe!), müssten also etwa 7,89 x 30 Tage = 236,7 Besucher während der Umfrage auf der Seite gewesen sein. Demnach haben also grob geschätzt Cousine Susanne und Onkel Hubert nicht abgestimmt, was wir sehr bedauern. Wenngleich 12,59 % der Besucher aus Deutschland nicht genau zugeordnet werden können, freuen wir uns dennoch sehr über die regelmäßigen Leser aus dem Raum Wesel (15,48 %) und Köln (11,73 %), gefolgt von Berlin (6,63 %, danke Basti!) und Essen (4,59 %, das muss besser werden, Manu, jetzt wo auch noch der Eddi weg ist). Die Frage ist, wer zum Teufel den Blog in Jülich (4,59 %) liest? Dann folgen Dresden (4,08 %), Düsseldorf (3,91 %), Bonn (2,04 %) und Frankfurt a. M. (2,04 %) u. v. a.

Absolute Spitze ist übrigens eine Leserin aus dem Raum Manchester (GB) mit insgesamt 201 Seitenzugriffen an rund 100 Tagen. Woher wir das so genau wissen? Tja, die heutige Technik ... Danke, S. aus M. und Danke euch allen fürs treue Lesen! Uns macht es jedenfalls viel Spaß, auf diese Weise über unser Leben hier zu berichten (und nicht ständig Briefe schreiben zu müssen ;-)

Und jetzt gibts auch wieder regelmäßig Post!!

Samstag, 10. November 2007

Leser-Umfrage

Liebe Leserinnen und Leser,

in den nächsten vier Wochen - genau bis zum 10. Dezember 2007 - führt das "Institut für überflüssige Textbeiträge über das Leben in Bariloche" eine Umfrage zum Nutzungsverhalten der Leser des Blogs "Zwei Gringos in Patagonien" durch. Dadurch sollen die Angebote dieses Blogs in Zukunft besser auf die Zielgruppe (Mama, Papa, Onkel Josef und Tante Britta) abgestimmt werden. Jeder Leser ist aufgerufen, an der Umfrage teil zu nehmen, einfach die drei Fragen in der Sidebar beantworten. Das Endergebnis wird am 10. Dezember bekannt gegeben.

Vielen Dank für deine Teilnahme!


PS. Jeder einzelne Blog-Eintrag kann übrigens kommentiert werden. Die Kommentarfunktion wird aktiviert, wenn man auf die jeweilige Überschrift des Eintrags oder den entsprechenden Link im Archiv klickt.

Freitag, 9. November 2007

Zeitvertreib während der Umfrage ...

Achtung! Diese Post ist ein Zeitparadoxon!

Diese Post wurde erst nach der obigen Umfrage geschrieben, aber vor der Umfrage veröffentlicht. Damit ist Einsteins Relativitätstheorie wieder mal bewiesen. Ich habe Gott gespielt und Raum und Zeit gekrümmt und eine Post in die Vergangenheit geschickt, du hast sie digital vor Augen!!

Also, wer sich während der laufenden Umfrage, während der keine neue Post nach der Umfrage, wohl aber vor der Umfrage veröffentlicht wird, die Zeit mit anderen Beiträgen vertreiben will, der kann gerne mal in meinem "Lerntagebuch" zu meiner Online-Fortbildung "Multimedia-Führerschein" des Goethe Instituts vorbei schauen oder sich das Blog meines 4to Año (11. Klasse) zum Odyssee-Suchspiel reinziehen!

Viele Grüße und viel Spaß beim Zeitvertreib!

Montag, 29. Oktober 2007

Argentinien hat gewählt

Gestern, am Sonntag, den 28.10. entschieden 27,1 Millionen wahlpflichtige Argentinier über die Nachfolge ihres Präsidenten Néstor Kirchner.
Trotz der Fülle an 14 Präsidentschaftskandidaten ging es letztendlich nur um eine Entscheidung zwischen zwei Frauen: Zum einen die Ehefrau des amtierenden Präsidenten, Cristina Fernández de Kirchner, die wie ihr Göttergatte dem linken Flügel der peronistischen Partei angehört, zum anderen die mitte-links orientierte Elisa Carrió der sozialdemokratischen Partei ARI, die eine realistische Chance gehabt hätte, wenn Frau Kirchner im ersten Wahldurchgang weniger als 40% der Stimmen bekommen hätte. Dann nämlich wäre es zu einer Stichwahl gekommen, die alle Karten noch einmal neu gemischt hätte.
Aber dem war nicht so: Nachdem nun 96% aller Stimmen ausgewertet wurden, hat Frau Kirchner mit knapp 45% die Nase vorn. Demnach wird sie es vermutlich sein, die am 10. Dezember dieses Jahr das Amt der neuen Präsidentin offiziell antreten wird.

Wir selbst haben von der Wahl nur wenig mitbekommen. Die Parteienwerbung beschränkte sich auf unauffällige Plakate auf ohnehin schon vollbeklebten und daher ebenso unauffälligen Wänden. In der ganzen Zeit vor der Wahl habe ich eine einzige Parteiwerbung im Fernsehen gesehen. Diese reihte sich so dezent zwischen die aktuellen Waschmittel-, Handy- und Turnschuhspots, dass man sie auch für eine Werbung für ein neues Shampoo hätte halten können. Wäre ich vorgestern nicht mit dem Bus gefahren, wäre mir die ganze Wahl wahrscheinlich gänzlich entgangen, denn dort hieß es auf einem Aushang: "Alle, die zur Stimmabgabe mit dem Bus fahren, fahren kostenlos".

Aktuelle Pressestimmen:
Weiter Infos unter:

Sonntag, 28. Oktober 2007

Ende der Sommerzeit

Guten Morgen, liebe Leser in Europa,

nach der erfolgten Zeitumstellung könnt ihr uns jetzt wieder eine Stunde früher als bisher aus dem Bett klingeln. (Das früheste war bisher halb Sechs morgens, und die Anruferin fragte ganz verwirrt, warum ich so müde klänge, ihre Freundin in Australien, mit der sie grad eben telefoniert habe, hätte doch erst Nachmittag gehabt ... Da hat sie wohl was mit den Längen- und Breitengraden durcheinander geschmissen.) Da Argentinien - und außer Chile und Teile Brasiliens so weit ich weiß auch kein weiteres Land in Südamerika - die (übrigens in ihrer Wirkung umstrittene) Zeitumstellung nicht mitmacht, sind es jetzt wieder -4 Stunden Unterschied (UTC -3) zu Deutschland.

Übrigens: "1945 wurde in der Sowjetischen Besatzungszone für einige Monate die Moskauer Zeit eingeführt. Dies stand jedoch nicht im Zusammenhang mit der Sommerzeit. Die sowjetische Verwaltung sollte vielmehr effektiver werden, indem ihre Arbeitszeiten mit den Arbeitszeiten ihrer vorgesetzten Behörden in Moskau synchronisiert wurden. Normalerweise beträgt der Zeitunterschied zwischen Berlin und Moskau 2 Stunden." (Quelle: Wikipedia)

Gute Nacht da draußen und beste Grüße vom Ende der Zeit.

Mittwoch, 24. Oktober 2007

Sprachblüten II

Schülerin interpretiert ein entsprechendes Erlaubt-und-Verbots-Schild beim Üben des Passiv:
  • "Man darf gegrillt werden." (Es darf gegrillt werden.)

Aus den Aufsätzen "Mein Traumzimmer" (8. Klasse):
  • Links und rechts der Tür stehen die Schranken. (immerhin korrekter Plural von Schranke)
  • Auf den Sofa hängt ein Poster von Shakira.
  • Mein Zimmer hat vier Plasma (-Fernseher), zwei sind auf der boden, und die andere auf der wand. (überall das Gleiche mit der Jugend)
Aus den "Briefen" an eine/n "Brieffreund/in" (6. Klasse):
  • Ich habe einen Dalmatinerhund. Er heißt Dunkel weil er schwarz ist. Ich spiele mit Dunkel Ball und renne.
  • Lieber Claudia, ich liebe in a Haus in Kilometer drei.
  • Ich habe viele Freunde und jedes Mal, wenn es einen guten Film gibt, gehen wir ins Kino. Ich muss gehen. Viele Grüße, Deine M.
  • Lieber Matías, ich schreibe du über meine familie weil ich erzählen möchte. ... Dann habe ich eine Baum geklettern. Danach hat meine schwester im meine Baums Haus Wasser getrünken. Dann haben wir die Abendessen gegessen. Endlich haben wir zu schlafen gegangen. So das ist meine familie, lustig und froh. Viele Grüße, Dein E.
Aus den "Mündlichen Prüfungen" zur Zentralen Deutschprüfung Grundstufe (ZDP-G, 6. Klasse, 11-12 Jahre):
  • Ich füttere mein Hund oder meine Mutter.
  • Der Mäusebussard lebt in Mittelseuropa, er fliegt in Mittelhöhe im Chimmel.
  • Meine Familie gerne Rad fahren, weil sie fröhlich und interessant sind. ... Mein Vater spielen Fußball, weil spannend ist. Meine Mutter gerne wandern, weil spannend ist.
Aus einer "Mündlichen Prüfungen" zur Zentralen Deutschprüfung Grundstufe (ZDP-G, 6. Klasse). Zu Beginn der Prüfung sind ein paar auflockernde Fragen vorgeschrieben, um dem Schüler den Einstieg in die Prüfung zu erleichtern:
  • Lehrer: "Hallo E., wie geht es dir?"
  • Schüler: "Gutt."
  • Lehrer: "Hast du gut geschlafen?"
  • Schüler: "Ja."
  • Lehrer: "Was möchtest du erzählen?"
  • Schüler: "---???"
  • Lehrer: "Welches Thema hast du?"
  • Schüler: "Über Hund und Meerschweinchen..."
  • Lehrer schaut erwartungsvoll.
  • Schüler: "Fange ich an?"
  • Lehrer: "Ja, du kannst anfangen."
  • Schüler: "Hallo, ich heiße E., ich spreche heute über Hund und Meerschweinchen ..."
So viel zum Thema auflockernde Fragen ...

Freitag, 12. Oktober 2007

Oktoberfest in Argentinien

Es gibt mal wieder von einigen Feierlichkeiten zu berichten. So veranstaltete der Träger der deutschen Schule Bariloche, der Deutsch-Argentinische Kulturverein, am 6.10.2007 das alljährliche Oktoberfest. Da wurde ab 10 Uhr morgens die kleine Turnhalle geschmückt und in ein Festzelt verwandelt. Ab vier Uhr hatten dann alle Menschen der Stadt Einlass, um am Geschehen teilzunehmen. Auf einer Bühne tanzten Kindergruppen mit Namen wie Blume und Rose. Vor der Bühne die typischen Biertische. An einem Pavillon wurden Getränke und Speisen (u. a. Sauerkraut und Würstchen) verkauft. In der anderen Ecke der Halle hatten die Kinder und Erwachsenen die Möglichkeit, ihr Geschick und Glück auf die Probe zu stellen. Da wurden Büchsen umgeworfen, Kerzen mit Wasserpistolen "ausgespritzt", gekegelt und im Sand nach Schätzen gegraben. Alles in Allem ein sehr gut besuchtes Fest mit viel Musik und Tam Tam, so dass ich mich nach meinem "freiwilligen" Einsatz an der Sandgrube am Abend zwangsläufig mit Kopfschmerzen und einem Tinnitus im Ohr ins Bett fallen ließ.

Dann ging es am nächsten Mittwoch in der Schule mit der alljährlichen Ausstellung zum „Tag der deutschen Einheit“ weiter. In wochenlanger Vorarbeit werkelte jede Klasse mit ihrem Lehrer intensiv an einem Projekt, welches dann an diesem einen Tag (für nur vier Stunden!) präsentiert wurde: Ein vier Meter großer Kölner-Dom, der Checkpoint Charly und ein kleiner Münchener Biergarten luden ein zum Schauen, Staunen und Genießen. Hatte man sich dann alle Informationen durchgelesen, wusste man bestens Bescheid über Bundesländer und Landschaften Deutschlands, die Berliner Mauer, deutsche Autos, Spielzeuge, berühmte Straßen Deutschlands, Hamburgs Hafen, Dürrenmatt, Hundertwasser und die Heinzelmännchen von Köln. Jeder Schüler kannte mehr oder weniger seinen Text zu seinem Thema auswendig, der dann vor den Besuchern gebetsmühlenartig aufgesagt wurde. Da wurde zuweilen das ein oder andere Wort verwechselt oder einfach vergessen, sodass der Zuhörer nicht wirklich etwas verstehen konnte. Aber das war Allen eigentlich egal. Die Ausstellung war wie jedes Jahr ein riesiger Erfolg, alle waren begeistert, so dass wir uns schon auf das nächste Jahr freuen können. ;-)

Dienstag, 2. Oktober 2007

Rekordverdächtig!

Seit Tagen scheint die Sonne, rekordverdächtige 16 Grad heute, kein Wölkchen am Himmel. Der Schnee ist weg und aus der Erde sprießen bunte Überraschungen, die unser Gemüt erfreuen. Die Vögel sind lauter denn je; die Chimangos und Bandurrias machen es sich gemütlich und erwarten bald ihren Nachwuchs auf Nachbars Schornstein. Da wird gestritten und gekreischt, dass man sein eigenes Wort nicht mehr hört. Dennoch sind wir glücklich, dass mittlerweile die Sonne früher aufsteht als wir, so dass wir sie beim Klingeln des Weckers um sieben Uhr begrüßen können, unter der Dusche stets ein Lied auf den Lippen...



Komm lieber Oktober und mache
Die Bäume wieder grün
Und laßt uns an dem Bache
Die kleinen Veilchen blüh'n
Wie möchten wir so gerne
Ein Blühmchen wieder seh'n
Ach lieber Oktober wie gerne,
Einmal spazieren geh'n

(frei nach Christian Adolf Overbeck)

Montag, 1. Oktober 2007

Relaunch

Wie jede Webseite unterliegt auch dieses Weblog (= Blog) den ungeschriebenen Gesetzen des World Wide Web, die in unzähligen Ratgebern wie SELFHTML festgehalten werden. Ein Gesetz lautet, dass es nach einer gewissen Zeit t zwingend notwendig ist, die Webseite Wt durch eine verbesserte Variante Wt' zu ersetzten. Bei Webseiten nennt man das Relaunch (bei Promis heißt es Facelift, das Ergebnis ist meistens dasselbe, man bügelt nur das Geschenkpapier glatt). Dieser Relaunch muss natürlich vom Betreiber der Website ausführlich begründet werden. Das liest sich dann ungefähr so:

Ein halbes Jahr nach dem Start des Blogs „Zwei Gringos in Patagonien“ war es an der Zeit, das Design und die Funktionalität den aktuellen technischen Anforderungen anzupassen (siehe W3C-Standards [hier deutsche Seite]). So hat der Umfang an Informationsangeboten des Projektes durch beständige Weiterentwicklungen stark zugenommen. Die zu Beginn des Jahres 2007 eingesetzte Projektstruktur, die zum damaligen Zeitpunkt als innovativ galt, bot nun nicht mehr die erforderliche Flexibilität, um neue Inhalte wie Fotoshows, Video-Clips, Add-ons, Templates und andere Plug-ins angemessen zu integrieren. Durch verschiedene Umbaumaßnahmen war das Entwicklungspotential des Seitenaufbaus ausgereizt, was zur Folge hatte, dass der Großteil der Inhalte sich erst nach langem Scrollen „entrollte“. Das Navigieren auf „Zwei Gringos in Patagonien“ erwies sich als zunehmend umständlicher, während der Trend im Internet sich in Richtung zu mehr Übersichtlichkeit bewegte. Im Zuge der Neugestaltung galt es zudem, auch das „look & feel“ bla bla Website zu überarbeiten, wobei die typische Nutzergemeinde bla bla bla „Zwei Gringos in Patagonien“ zu berücksichtigen bla bla. Denn „Zwei Gringos in Patagonien“ ist nicht nur bla bla bla für die lieben Verwandten, bla bla Datenanalysen bla blubb gezeigt, dass vor allem junge Erwachsene bla bla blubber Zielgruppe von „Zwei Gringos in Patablanien“ zu zählen sind, und diese bla bla bla durch ein adäquates Design blagesprochen fühlen bla bla blubber bla blubb ...

Deshalb wurde am 1. Februar 2008 schließlich die neu gestaltete Seite online geblablabla.

Die Wahrheit ist: Zum Frühlingsanfang gibts ein paar frische Farben :-)

Mittwoch, 26. September 2007

Trauriger Nachtrag

An ebenjenem Samstag, an dem wir zuletzt Ski fahren waren, kamen am Cerro Catedral und am Cerro López ein französischer Ski-Tourist (20) und ein barilochenser Snowboarder (24) durch Lawinen ums Leben. Der französische Skifahrer fuhr weit abseits der Pisten in einem entlegenen Gebiet und hat die Lawine wohl ebenso selbst ausgelöst wie der Barilochenser, der zusammen mit einem Freund, der gerettet werden konnte, gerade eine naturbelassene Flanke des Cerro López erklomm.
>> Bericht La Nación
>> Bericht Río Negro
>> Bericht Clarín

Sonntag, 23. September 2007

Frühlingsgefühle und andere traurige Nachrichten

Pünktlich zum Frühlingsanfang am 21. September (!) hats in der Nacht zum Samstag tatsächlich noch mal geschneit. Dicke Flocken tünchten unseren Garten in zartes Weiß, auch wenn nun fast alles schon wieder geschmolzen ist. Dem Cerro Catedral brachten die Flocken aber 15 Zentimeter Neuschnee (Tipo de Nieve: Polvo) auf die immer noch knapp zwei Meter dicken Pisten, und so haben wir unseren Skiern gestern zum wiederholten letzten Male freien Lauf gelassen und die frostige Frühlingssonne (-4 C) bei herrlicher Aussicht auf dem Gipfel genossen.

(Ich mein, wir wussten ja nicht zuletzt dank Google Earth, dass hier ein paar Berge sind, aber dass wir ausgerechnet in den härtesten Winter seit 1985 kommen, hätte vorher ja mal jemand sagen können. Man sagt hier, dass alle elf Jahre so ein schneereicher Winter ansteht, und dass wir den letzten von 1996 schon übertroffen haben... Jahrelang eine schöne weiße Weihnacht an unserm flachen Niederrhein vermissend, kann ich den Schnee bald wirklich nimmer sehen.)

Trauriger Nachtrag: An ebenjenem Samstag kamen am Cerro Catedral und am Cerro López ein französischer Tourist (20) und ein barilochenser Snowboarder (24) durch Lawinen ums Leben. Der französische Skifahrer fuhr weit abseits der Pisten und hat die Lawine wohl ebenso selbst ausgelöst wie der Barilochenser, der zusammen mit einem geretteten Freund gerade eine naturbelassene Flanke des López erklomm.
>> Bericht La Nación
>> Bericht Río Negro
>> Bericht Clarín

Samstag, 15. September 2007

Día de la tía und andere Tage in Argentinien!

In diesem Land gibt es immer etwas zu feiern.

Wie bei uns gibt es hier neben den rund zwölf staatlichen Feiertagen zunächst einmal den Muttertag und den Vatertag. Aber das schien den Argentiniern offenbar zu wenig und so erfand man kurzerhand neue, wichtige Feiertage im Jahr!

Wenn man sich das Potpourri der angesagten (kommerziellen) Feiertage einmal vor Augen führt, kann man voller Begeisterung ebensolche machen, denn so ein jeder wird sich sicherlich nicht nur einmal im Jahr wie der König fühlen, weil er aufgrund irgendeines Umstandes gefeiert wird.

So empfing ich zum Beispiel am achten März Glückwünsche zum „Día de la mujer“.

Am 20. Juli wollten Marc und ich spontan essen gehen. Doch dies war unmöglich, weil „Día del amigo“ war und alle Restaurants überfüllt waren mit Freunden.

Letzte Woche am 14. September erheiterte uns der „Día del maestro“ (Tag des Lehrers) das Gemüt. Zur Feier des Tages darf ein jeder Lehrer (und zwangsläufig auch seine Schüler) der Schule fernbleiben. Um diesen Tag ausgiebig zu feiern, gab es am Abend für die Lehrer im Casino der Stadt ein Dinner mit Show und Tombola. Nach einem fleischigem Essen und der Verlosung schrie der Entertainer pünktlich um 00.00 Uhr seine Glückwünsche in sein Mikrofon, dass auch jeder hören konnte: „Feliz Día del mestro“. Es wurde angestoßen und gratuliert. Wir kamen uns dabei etwas komisch vor, denn das ganze ähnelte einer Neujahrsfeier. Der Abend klang aus mit Musik und Tanz, wobei es wirklich schwierig war, seinen Platz auf der Tanzfläche zu behaupten. Da tanzte Chemie mit Deutsch, Sport mit Spanisch und auch Mathe und Geograpie bewegten sich im Takt.

Aber dem noch nicht genug, denn was wäre ein Feiertag ohne Geschenke? So kam es, dass am darauf folgenden Tag immer wieder Schüler ins Lehrerzimmer kamen, um ihre Gaben ihrem Meister zu überreichen. Auf diese Weise kam Marc in den Besitz eines neuen T-Shirts und einiger leckerer Pralinen (Fotos). Und auch ich durfte mich über eine schöne Duftkerze der Klasse 4b erfreuen.

Wenn ich mir noch einmal die Liste dieser Feiertage anschaue, dann weiß ich, auf welche nächsten Feiertage ich mich in Zukunft freuen kann:

  • Dìa del matrimonio (4. Sonntag im April) > Tag der Ehe
  • Día de la salud (7. April) > Tag der Gesundheit (für mich als Hypochonder ganz wichtig)
  • Día del nieto (12.Mai) > Tag des Kindes (sind wir nicht alle Kinder?)
  • Día de la tía (1. Sonntag im Oktober) > Tag der Tante
  • Día del estudiante (21. September) > Tag des Schülers (da haben auch die Lehrer frei)
  • Día del kinesiólogo (13. April) > Tag des Physiotherapeuten (bin ich ja so halb)

Und abschließend meine persönliche Hitliste der beliebtesten Festtage in Argentinien:

1. Día del taxista (6. Mai) > Tag des Taxifahrers
2. Día del peluquero (25. August) > Tag des Frisörs
3. Día del psicólogo (17. September) > Tag des Psychologen
4. Día del odontólogo (3. Oktober) > Tag des Zahnarztes
5. Día de la suegra (26. Oktober) > Tag der Schwiegermutter

Allen einen herzlichen Glückwunsch!

La Bundesliga en vivo

Samstag, 10.30 Uhr, irgendwo in Patagonien auf ESPN: Bayern - Schalke! Live und in Farbe! Ich sitze gerade vor dem Fernseher und verfolge hier im tiefsten Argentinien das Topspiel des heutigen Spieltags en vivo, entrada libre y gratuita. "Die Bundesliga ist wieder zu Hause!" Das muss man sich - ¡GOOOOOOOOOL! 1:0 für Schalke, ¡adelante Schalke! - mal vorstellen: da zahlen sich die lieben Deutschen an GEZ- und Kabelgebühren blank oder müssen einen DVBT-Tuner respektive Sat-Schüssel kaufen, dazu arena oder PREMIERE abonnieren und dürfen dann im Falle von arena auch noch bis kurz vor Saisonbeginn bangen, ob sie ihren Bezahl-Fußball bei arena überhaupt sehen können ... und hier gibts das Topspiel gratis. Mist, grad schießt Bayern das 1:1! Es gibt keinen Fußballgott. Ich glaub, ich kann auf La Bundesliga verzichten.

Nachtrag 20/09/07: Sogar die UEFA Champions League und der UEFA Cup wird hier in voller Länge übertragen, so konnte ich Bremens couragierten aber unbelohnten Auftritt in Madrid (2-1) am Dienstag parallel mit Milan - Benfica (2-1) sehen, am Mittwoch kam Porto - Liverpool (1-1) und am Donnerstag Bayern - Belenenses (1-0).

Montag, 3. September 2007

Dat soll ich doch wohl nich glauben

Die Stadt war schon seit Tagen schneefrei, hier und da mühte sich vom Schnee ersticktes braun-grünes Gras, den Anschein von Frühling zu erwecken und nur in unserem Garten wehrte sich noch eine kleine Insel Schnee gegen die Schmelze. Temperaturen von bis zu 11º Celsius, was hier schon Frühlingsgefühle freisetzt, hatten dem Schnee in der letzten Woche den Garaus gemacht. Und dann sitzen wir gestern Abend im Wohnzimmer über ein paar Projektarbeiten zu brüten - die jährliche Ausstellung der Deutschabteilung zum 3. Oktober steht bevor - und quatschen mit einer Kollegin die Zeit tot. Nach einiger Zeit sehe ich so nebenbei mal wieder in den Garten hinaus, den die mittlerweile hereingebrochene Dämmerung in Dunkelheit hüllen sollte - so hatte ich es jedenfalls erwartet -, aber irgendwie war es da draußen viel heller als es hätte sein müssen. "Nää ´ne!" entfuhr es mir spontan und Birgit bekam fast´n Schrecken, folgte meinem Blick und vermutete wohl etwas Ungeheuerliches da draußen, "dat soll ich doch wohl nich glauben, et is schon wieder am schneien!" Die Verwunderung stand uns ins Gesicht geschrieben, war doch die Kollegin erst eine Stunde zuvor durch diesen braun-grünen Garten, den ein Törchen mit dem Nachbargrundstück verbindet, gekommen, sozusagen hintenrum wie man bei uns am Niederrhein so sacht. In kürzester Zeit hatte sich der Garten und alles andere mit einem weißen Tuch bedeckt. Und bis heute morgen sollten dann noch ein paar Zentimeter dazu kommen. Aus ein paar Zentimetern sind inzwischen 10 cm in der Stadt, 15 cm im Garten (siehe Foto, von heute morgen) und 40 cm auf dem Cerro Catedral geworden. Aktuelle Meldung: En la cumbre (Gipfel) Schneefall, eingeschränkte Sicht, -2,4º C, gefühlt -18º C, Wind 30-60 km/h, in Böen 90-120 km/h (um 17:00 bis 180 km/h!), Schneehöhe 210 cm, Tendenz steigend... Da werden wir wohl die Tage noch mal die Skier schnallen, denn irgendwas Positives muss man diesem blöde Schnee ja abgewinnen.

Samstag, 25. August 2007

Urlaubsfotos online! (>>zum Album)

Die Fotos unserer "kleinen" Tour durch den mittleren Westen Argentiniens und durch Chile sind online! Hat ein bisschen gedauert, aber nun sind sie da, verkleinert, aussortiert und trotzdem noch zu viele. Aber so ist das nun mal mit der digitalen Fotografie, ein Haufen Bilder, die dann auch noch schlecht sind, weil man sich keine Mühe mehr gibt... Also: Das Album >Urlaub Winter - Teil I enthält Fotos von Córdoba, den Estancias, den pampinen Sierren und dem Nationalpark Quebrada del Condorito, die wir auf der Durchreise gesehen haben und Fotos von San Juan und Mendoza. Im Album >Urlaub Winter - Teil II findet ihr dann die Fotos des Nationalparks Ischigualasto, der Andenüberquerung nach Chile, von Valparaíso und der Rückfahrt längs durch Chile nach Osorno. Im zweiten Album findet ihr außerdem einige Fotos des wirklich kuriosen Museo Rocsen (span. Website) des Anthroposophen Juan Santiago Bouchon, das wir abseits des Örtchens Nono gefunden haben, und das in seiner wahrlich einzigartigen Sammlung verschiedenster Kuriositäten der Menschheitsgeschichte alles zeigt, "vom Speer zur Arkebuse, Funk und Film, Automobil und Motorrad, Glas, Kristall und Porzellan, die schwarze Kunst der Druckerei, Wohnungseinrichtungen von den Ureinwohnern über das Mittelalter bis zum heutigen Tage, Musik und ihre Instrumente, die Entwicklung des Rades und vieles andere mehr", wie das Argentinische Tageblatt schreibt.

Links zum Museum Rocsen:

Dienstag, 21. August 2007

Wintersport im August

Dienstagmorgen, der Wecker klingelt... Die Nacht war hart und das Aufstehen wird noch härter. Gequält von einem unerträglichen Muskelkater versucht man aus dem Bett zu kommen. Nach diesem Wochenende gelingt dies um ein Vielfaches schwieriger als sonst ohnehin schon.

Nach den Strapazen der anstrengenden Prüfungswoche in der Schule hatten wir uns vorgenommen, Ski fahren zu gehen. Dank eines Feiertags, dem Gedenktag zu Ehren des Generals José de San Martín, lag ein verlängertes Wochenende vor uns. Eigentlich hätten wir seiner schon am 17. August gedenken müssen. Aber die Argentinier achten bei ihren Feiertagen immer schön genau darauf, dass man das montags tut, denn dann hat man ein schönes langes Wochenende. So wird hier im Lande ein jeder Feiertag, der mitten in die Woche fällt (oder auf einen Sonntag), mal eben auf einen Montag vor- oder nachverlegt. Richtig so!
So fanden wir uns dann am Samstagmorgen auf dem Skigebiet des Cerro Catedral ein. Lange nicht mehr auf Brettern gestanden, gestaltete sich demensprechend meine Vorfreude gemischt mit Aufregung und einer nicht unerheblichen Portion Skepsis. Nach den ersten Schwüngen kam ein Anflug von Freude auf, der aber kurze Zeit später in Wut umsprang, als wir uns auf einer steilen Buckelpiste wiederfanden.

Und so erlebte ich an diesem Wochenende ein Wechselbad der Gefühle, von Himmel hoch jauchzend bis zu Tode betrübt. Die Füße taten weh, das Sich-wieder-hochziehen nach einem Sturz noch viel mehr... Dennoch: Nach und nach hatte ich den Eindruck, dass ich langsam wieder in der Lage bin Ski zu fahren und nicht, dass meine Ski mich fahren. Marc dagegen, Skianfänger und ein wahres Naturtalent, sauste die Pisten herunter, sodass man ihn meist nur von hinten zu sehen bekam, jedoch erst nachdem die von ihm aufgewirbelte gigantische Schneefront wieder zum Erliegen kam. Dennoch: Auch er kam nicht umhin, hier und da einmal stehen zu bleiben, um diesen einmaligen, wunderbaren Ausblick auf die Anden zu genießen.

Montag, 13. August 2007

Matheaufgabe zum Sprachdiplom

Am Sonntagabend liegen auf den Ski-Pisten des Cerro Catedral [esp.] an der Basisstation in 1200 Meter Höhe 60 Zentimeter Schnee, auf dem Gipfel in 2400 Meter Höhe 260 Zentimeter. In der Nacht zum Montag fallen insgesamt 50 Zentimeter an der Basisstation und 80 Zentimeter auf dem Gipfel. Wieso beträgt die Schneehöhe am nächsten Montagabend an der Basisstation 55 und auf dem Gipfel 240 Zentimeter? (tägliche Schneemeldungen auf Catedral Alta Patagonia)

Es schneit schon wieder ... und ich hab heut Morgen schon wieder trockene Socken und ein paar Schuhe für die Schule vergessen ... und heut Nacht friert bestimmt wieder alles glatt. Obwohl, es soll ja noch zwei Tage weiter schneien. Ab Donnerstag ist dann Sonne gemeldet, die sich hoffentlich über das Wochenende halten wird, denn da wollen wir zur Belohnung Ski fahren gehen.

Belohnung deshalb, weil die Tagestickets noch so teuer sind (siehe Post vom 10. Juni), aber vor allem, weil ab morgen vier Tage Prüfungsstress anstehen: Deutsches Sprachdiplom II, 12. Klasse (DSD Stufe C1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen), Textproduktion, Hörverständnis, Leseverständnis, Grammatik und Wortschatz und abschließend 20 Minuten mündliche Prüfung zu einem fremden Text und einem selbst vorbereiteten, problemorientierten Thema. Wenn sie denn ein Thema vorbereitet hätten; die Schüler haben mir in den letzten Monaten jeden Nerv geraubt, haben mit scheinbar südländischer Gelassenheit (Achtung: Stereotyp!) jede Frist für Planung, Vorentwurf und fertiges Dossier ohne mit der Wimper zu zucken verstreichen lassen. Grad heute noch hab ich einem Schüler mit Rat und Text ausgeholfen, der völlig fassungslos vor seinem Gekritzel saß und einfach keine Problemstellung finden konnte. Das soll was werden ... Egal, ich freue mich jedenfalls auf unsere Belohnung!

Donnerstag, 2. August 2007

Osorno, oder der gelungene Abschluss einer langen Reise

Lange überlegen wir, ob wir lieber schnell nach Hause wollen, um endlich einmal anzukommen und nicht mehr ans Weiterfahren denken zu müssen (am Ende sollen es 5156 Kilometer werden), oder ob wir noch einen Zwischenstop in Osorno einlegen, um einen Kollegen zu besuchen. Nach einigem Hin und Her entscheiden wir uns für Zweiteres. Den Kollegen besuchen wir jedoch nicht in seinem "Wohnklo" (wie er sagt) mitten in der Stadt Osorno, sondern aufgrund einer Krankschreibung ist er mit seiner Frau die Woche über in seinem Haus am Fuße des Vulkans Osorno geblieben. Unser Glück, denn allein die Fahrt dorthin in der sanften Abendsonne ist die reinste Sinnesfreude: In einer mehr oder weniger flachen grünen Landschaft ragt ein großer, einsamer Berg heraus, ganz allein auf weiter Flur! Uns fällt es schwer den Blick abzuwenden, denn er gleicht wie einer Zeichnung aus einem Bilderbuch. Fast zu perfekt, um echt zu sein. Scheinbar symmetrisch erhebt er sich aus dem Nichts, der Gipfel sieht aus, als hätte man die obere Spitze sauber mit dem Messer abgeschnitten.

Das Holzhaus des Kollegen ist traumhaft auf einer großen Wiese am See gelegen. Innen gibt es eine große Fensterfront (siehe Foto re.), von der man den Vulkan gänzlich bewundern kann. Es wirkt wie eine riesige Filmkulisse, von der man jeden Moment erwartet, dass sie abgebaut wird oder jemand ein anderes Motiv davor schiebt... Nach der ersten Nacht entscheiden wir, noch eine Nacht zu bleiben, zu schön die Gegend, zu schön das Wetter, zu schön die Kulisse, die tatsächlich bleibt.

Ein gelungener Abschluss unseres fast dreiwöchigen Urlaubs!

Mittwoch, 1. August 2007

Längs durch Chile (quer geht ja nicht)

Seit gestern sind wir wieder on the road, Kilometer 3896ff. Es geht längs durch Chile, quer gehts ja nur maximal 240 Kilometer, dabei ist das Land rund 5.500 Kilometer lang. Für uns geht es tausend Kilometer gen Süden, so stehts dann auch ganz praktisch auf den Autobahnschildern: "AL SUR", Ziel Osorno, Stadt und Vulkan zugleich, wo wir noch einen Kollegen von mir besuchen wollen, der in den 1990ern acht Jahre in Bariloche unterrichtet hat. Und es gibt tatsächlich eine richtige Autobahn in Chile (Ruta 5), die erste richtige Autobahn auf unserer Tour mit zwei Spuren, Auffahrten und Ausfahrten, Mautstationen und Tempolimit 120. Gut, hier gibts auch Trecker auf der Autobahn, Geschäfte am Straßenrand, Firmenausfahrten, Radfahrer, Hunde, Eselskarren und Fußgänger (in alle Richtungen) und Bushaltestellen, aber ansonsten ist es eine richtig gut geteerte Autobahn. Ich also kurz überlegt, Valparaiso - Osorno ... 1000 Kilometer ... fünf Stunden, ich sach, Uli, setz den Kaffee auf. (Das Original "Autobahn" von Atze Schröder ist eins seiner wirklich gelungenen Stücke...) Die Ruta 5 ist übrigens Teil der Panamericana, wie ich jetzt erst rausgefunden habe, die in Valparaiso von Norden kommend allerdings quer nach Buenos Aires abbiegt, weil man durch Chile (noch) nicht bis Feuerland kommt (siehe aber Carretera Austral). Ohne es zu wissen, sind wir also von Mendoza durch die Anden nach Valparaiso mal eben ein Stück der längsten Straße ganz Amerikas gefahren. So, jetz aber geschmeidig die 6 Zylinder geflutet und ab al sur. Also bis die Tage auf`m Vulkan ...

Nachtlager irgendwo unterwegs etwa 50 km vor Chillán im Valle Longitudinal, der Ebene zwischen der Küstenkordillere und den Anden, zwei Kilometer neben der Autobahn. In Chillán haben wir kurz gestoppt, um uns im Colégio Mexico zwei Wandgemälde (Murales) des mexikanischen Malers David Alfaro Siqueiros über die Geschichte Mexicos und Chiles anzuschauen.

Montag, 30. Juli 2007

Valparaíso

Valparaíso, die Stadt, die auf 45 Hügeln erbaut ist, da sollen die Römer noch mal was sagen. Vom Hafen aus winden sich die Straßen die Hänge hinauf, die mit kleinen bunten Häusern übersäht sind. (Ehrlich gesagt hatte ich irgendwie den Eindruck, als würde ein riesiges Geschwür von Häusern den Berg befallen.) Valparaíso ist auf jeden Fall einen Besuch wert, der Winter ist recht mild, die Strände sind auch nicht weit und kulturell hat die Stadt so einiges zu bieten: uralte schräge Aufzüge die Hänge hinauf, ein Haus des weltbekannten chilenischen Dichters Pablo Neruda und manch imposanter Kolonialbau und ein historischer Stadtkern, wie sich das für eine UNESCO - Weltkulturerbe - Stadt gehört. Dass Valparaíso eine der schönsten Städte der Welt sei, wie es im Wiki-Artikel steht, kann ich allerdings nicht unterschreiben, aber die UNESCO wird es schon wissen.

Heute morgen beim ausgiebigen Frühstück (mit Salami, Käse, Marmelade und frischem Obst!) haben wir mit Fernando und Alejandra aus Santiago gesprochen (sie besitzen ein Restaurant in Valparaíso), die uns unter anderem erzählten, in Chile würden seit einigen Jahren Sprachkurse in "Mandarin" angeboten und heiß nachgefragt, weil Chile umfangreiche Handelsabkommen mit China laufen habe (Freihandelsabkommen seit 2005). Eigentlich logisch, chilenisches Chinesisch, von Chile aus ein bisschen nach Norden rauf, schnell den Äquator langgeschippert, dann durch Mikronesien, zwei Buchstaben getauscht und schon ist man in China ...

Chile ist Südamerikas Exportmeister (Verhandlungen über Freinhandelsabkommen mit Japan und Indien laufen ebenfalls) und größter Kupferproduzent der Welt, die Wirtschaft boomt, und durch die zeitweise hohe Inflation der vergangengen Jahrzehnte gibt es am Bankautomaten inzwischen auch 100.000 Peso zu ziehen. Mit 200.000 Peso in der Tasche ist uns ganz schön schwindlig geworden (1 Euro sind rund 700 Chilenische Peso), aber sonst hätten wir das Zimmer in unserer netten Hospedaje "El Mirador" nicht bezahlen können, es hat glatte 24.000 Peso gekostet - mit tollem Frühstück, wie gesagt, was wir ja aus Argentinien gar nicht mehr gewöhnt waren, da waren wir schon überglücklich, wenns im Hotel Porteño (Mina Clavero) eine hausgemachte Marmelade zu den Medialunas gab (siehe Post "Auf der Durchreise").

Samstag, 28. Juli 2007

Durch die Anden

Unser nächstes Ziel heißt Valparaiso, die Stadt, die Jules Verne in seinen Romanen erwähnt, der Sting einen Song widmet und die gerne als „Hamburg des Südens“ bezeichnet wird. Die Reise dorthin unterscheidet sich etwas von den bisherigen, denn heute werden wir so einige Höhenmeter machen und zum ersten Mal die Anden überqueren.

Von Mendoza fährt man durch endlose Täler und Ebenen auf die Anden zu und erhascht dabei nicht selten einen wunderbaren Blick auf den höchsten Berg der Anden, ganz Amerikas und der gesamten Südhalbkugel: der Aconcagua. Der Rio Mendoza ist dabei unser Begleiter, er windet sich durch die Täler. Einst ziemlich breit und groß, fließt zurzeit jedoch nur sehr wenig Wasser den Mendoza herunter, da es für die Bewässerung der Oase Mendoza mitsamt seinem berühmten Weinanbau genutzt wird. Auch ohne reißenden Fluss genießen unsere Augen den großen Raum und die weite Ebene, die die Berge trotz ihrer stolzen Höhe zulassen. Diese schillern in bunten Braun- und Rottönen in der Morgensonne, sodass man meint sie würden leuchten.

Zuerst haben wir nicht den Eindruck, dass der Weg mühsam wäre. Später fahren wir an kilometerlangen Schlangen von Lastwagen vorbei, die schon längere Zeit an einer Stelle zu stehen scheinen. Dies wird sich bis zum Grenzübergang nach Chile nicht ändern. Der Grenzübergang "Los Libertadores" (3100 m) gilt als Hauptdurchgang für Industrie und Handel und ist dementsprechend gut besucht. Später erfahren wir, dass der Grenzübergang aufgrund eines Sturms drei Tage geschlossen war und sich daher dieses ganze Blech aufgestaut hatte. Es gibt noch einen anderen, höher gelegenen Pass ("Bermejo-Pass"), der aber im Winter nicht passierbar ist. Daher bleiben uns einskalte Winde in 3854 m Höhe erspart, aber auch leider der Anblick des „Cristo Redentor de los Andes“, der zur Schlichtung von Grenzstreitigkeiten zwischen Argentinien und Chile dort errichtet wurde.

Einige Kilometer vor der eigentlichen Grenze nach dem vielbesuchten Ski-Ort Las Cuevas genießen wir von einem Aussichtspunkt in 3200 m Höhe den Gipfel des Aconcagua. Wer wirklich geglaubt hat, wir würden den Berg gänzlich besteigen wollen (siehe Post "Mendoza"), ist uns auf den Leim gegangen. Die Besteigung erfordert zwei bis drei Wochen und darf nur von erfahrenen Bergsteigern vorgenommen werden. Dies sehen wir dann auch gleich ein, als wir auf einen kleinen Hügel steigen, um unseren Anblick und das Fotomotiv zu optimieren. Denn schon dieser kleine Aufstieg lässt uns hyperventilieren.

Zurück auf der Straße fahren wir weiter Richtung Grenze, leider ohne wirklich guten Ausblick auf die Berge, da uns die Schneemassen rechts und links die Sicht versperren. Die Straße jedoch ist frei und sehr gut passierbar. An der Grenze angekommen müssen wir endlose trámites (Diensweg, Behördengang) über uns ergehen lassen. Zunächst wollten die Argentinier nur uns, nicht aber unser Auto aus dem Land lassen, weil wir eine temporäre Aufenthaltserlaubnis hätten, das Auto aber ein argentinisches Auto sei... ??! Klar fahren wir in Argentinien ein in Argentinien zugelassenes Auto... Wir passieren dann doch drei argentinische Schalter und drei chilenische Schalter (und verbringen dort insgesamt eine Stunde), unser Auto wird haarklein unter die Lupe genommen, ob wir vielleicht Illegales ins Land einschmuggeln… und siehe da: die Grenzbeamten werden fündig: Eine Salami und ein Apfel sind die Übeltäter. Sie Wir dürfen sie vor den Augen der Beamten aufessen.

Der Weg die Anden wieder herunter auf chilenischer Seite ist etwas abenteuerlicher. Endlose Serpentinen und bedrohliche Steigungen erfordern Konzentration und Aufmerksamkeit. Wir bewundern entgegenkommende Busse und LKW, die sich die Straßen herauf quälen und schimpfen über Rowdys, die uns in gefährlichen Manövern überholen. Unten angekommen begrüßt uns eine grüne, hügelige Landschaft mit saftigen Wiesen und üppigen Wäldern. Marcs erster Eindruck: „Es ist wie im Hunsrück.“ Ich kann dies jedoch nicht bestätigen und fühle mich eher in ein asiatisches Hochland versetzt.

Mendoza

Zwei Tage in Mendoza, zwei Tage Genuss und Entspannung. Angenehmes Wetter, viel Grün, schöne, sonnige Plätze und eine nette Unterkunft haben uns den Aufenthalt derart versüßt, dass wir nicht umhin können, jedem, der nach Argentinien reisen will, diese Stadt wärmstens zu empfehlen. So wollen wir uns den Worten unseres Reiseführers (lonely planet) mit 100%iger Überzeugung anschließen:

"Als erstes fallen die Bäume ins Auge: Gingantische Platanen, die sich über den Straßen wie Baldachine ausbreiten und Mendozas lebhafte Bewohner vor der brennenden Sommersonne schützen - kein Mensch käme auf die Idee, dass die Stadt mitten in der Wüste liegt. Das verraten nur die acequias, die offenen Bewässerungskanäle entlang der Straßen, in denen das Schmelzwasser aus den Anden fließt. Sie gehören zu den eindrucksvollen Zeugnissen der präkolumbischen und kolonialen Vergangenheit der Stadt - und sind selbst da noch zu sehen, wo moderne, erdbebensichere Konstruktionen die eingestürzten historischen Gebäude ersetzt haben. Überhaupt: Mendozas Architektur versteckt sich hinter den Bäumen, man entdeckt sie erst auf den zweiten Blick. Ohne die Bäume wäre Mendoza die Hölle - doch so ist sie eine der schönsten Städte Argentiniens."

Besser hätten wir es auch nicht sagen können. Für uns die optima le Erholung vor den zu erwartenden Strapazen der Andenüberquerung nach Chile mitsamt der Besteigung des Aconcagua (6959m).


Donnerstag, 26. Juli 2007

San Juan

Auf einigen Umwegen durch die Gegend von Córdoba, über Alta Gracia, Villa General Belgrano, Mina Clavero, die Quebrada del Condorito, Chamical, das Valle de la Luna und viele endlose Kilometer durch den Cuyo sind wir in San Juan gelandet, einem netten Städtchen im Flachland vor den Anden, wo es selbst im Winter kaum unter zehn Grad wird und im Sommer die baumbewachsenen Alleen Schatten spenden. (Hier mussten wir übrigens einen Stopp einlegen, um unsere Reisepässe im Instituto Alemán abzuholen, die meine Kollegin bei uns zu Hause in Bariloche abgeholt und auf ihrer "Winterreise", die glücklicherweise auch durch San Juan führte, dort deponiert hatte, sonst wäre Chile ein Traum geblieben.) Noch ein Wort zu den Entfernungen. Ich hatte es zwar schon mal angedeutet, als wir mal eben 1100 Kilometer zu den Walen gefahren sind (eine Strecke), aber man muss sich das wirklich mal vor Augen führen: Der Weg von Bariloche nach Córdoba führt erstmal hunderte Kilometer nahezu geradeaus, dann bei Kilometer 996 gehts an der Kreuzung 90° links ab und dann wieder 600 Kilometer geradeaus, und geradeaus heißt hier mitunter wirklich geradeaus. Endlose Kilometer durch die Landschaft, die alle Stunde mal das Gesicht wechselt: Wiesen mit Sträuchern in der Pampa, Wiesen mit Rindern, Wiesen ohne Rinder, dann endloses Land mit ein paar Bäumen, vielen Sträuchern, zwischendurch mal ein Hügel, dann wieder ewiges Land, als wäre die Welt nicht schon groß genug. Und dann geht es ja so weiter, wenn man in irgendeine Richtung wieder weiter fährt, endlose 500 Kilometer bis San Juan. Bueno, San Juan ist ganz nett, aber nicht weiter der Rede wert. Wir sind gespannt auf Mendoza, der Stadt des Weines, tatsächlich nicht mehr als 170 Kilometer von San Juan entfernt!